Nico DOSTAL

Nico DOSTAL

Komponist

geboren am 27.11.1895 in Korneuburg
gestorben am 27.10.1981 in Salzburg
beerdigt in einem Ehrengrab auf dem Salzburger Kommunalfriedhof

1943                      Schubert-Medaille des Wiener Männergesangvereine

13.09.1948             Wappenmedaille 650 Jahre Korneuburg

15.04.1959             Titel „Professor“

Mai 1964                Ehren-Urkunde „Künstler helfen Künstlern“

14.12.1964             Ehrenplakette des österreichischen Rundfunks

Okt. 1965               Ehrenplakette des Bayerischen Rundfunks

26.11.1965             Ehrenring der Stadt Salzburg

26.11.1965             Ehrenbecher des Landes Salzburg
26.11.1965             Ehrenring der Stadt Korneuburg

16.12.1965             Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse der Republik Österreich

23.08.1969             Paul-Lincke-Ring

Nov. 1970               Wappenmedaille der Stadt Salzburg in Gold

23.06.1971             Kulturpreis für Musik der niederösterreichischen Landesregierung

25.06.1971             Würdigungsurkunde aus Anlaß der vor 50 Jahren am K.u.K. Staatsgymnasium in Linz abgelegten Reifeprüfung

04.08.1972             Das große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland

14.05.1976             Ehrenmitglied der Korneuburger Musikfreunde

02.11.1976             Ehrenmitglied der Dramatikerunion Bundesrepublik Deutschland

22.09.1980             Ehrenmitglied der Europäischen Bildungsgemeinschaft

24.11.1980             Ehrenbürger der Stadt Salzburg

27.11.1980             Ring des Landes Salzburg (höchste Auszeichnung des Landes Salzburg)

16.12.1980             Höchster Orden von Lions International

15.06.1981             Ehrenmitglied des österreichischen Komponistenbundes

Geboren bin ich 1895 in Korneuburg, einem alten Städtchen unweit von Wien, gegenüber Klosterneuburg an der Donau gelegen.

Meine Mutter stammt aus einer bürgerlichen Familie in Wels, das in Oberösterreich liegt, mein Vater aus einer Familie von böhmischen Musikanten in Olmütz, einer Stadt in Mähren, das damals ein Kronland der alten Österreichisch-Ungarischen Monarchie war. Von meinem Großvater, der Militärkapellmeister war, habe ich wohl das Musikantische geerbt. Mein Vater, Beamter der Landesregierung, war zwar sehr musikliebend – er spielte ausgezeichnet Klavier und sang in seinen Mußestunden mit wohlklingender Stimme, sich selbst begleitend, Loewe-Balladen -, aber er wollte mich einmal in staatlich gesicherter Position sehen und war meiner bald aufkeimenden musikalischen Neigung nicht allzu freundlich gewogen.

Mit sechs Jahren schon erhielt ich meinen ersten Klavierunterricht, hatte aber wenig Freude an Tonleiterübungen und Etüden. Ich spielte lieber recht und schlecht, was mir im Gehör blieb. Der aufmerksame Zuhörer bei diesen meinen musikalischen Eskapaden war meine Mutter, die auch dann noch meine Ambition förderte, als ihr mein Klavierlehrer erklärte: „Aus dem Buben wird niemals ein Pianist“. Ich bin auch niemals ein perfekter Pianist geworden, aber dafür ein umso besserer „Vom-Blatt-Spieler“, was mir noch später zugutekommen sollte.

Meinen ersten Eindruck vom Theater erhielt ich in der Oper „Mignon“, die ich mit meinen Eltern besuchen durfte. Ich war seit diesem Abend wie verzaubert von der Atmosphäre des Theaters und habe mir vorgenommen, einmal ein berühmter Dirigent zu werden. Es ist dann aber ganz anders gekommen.

Vorerst galt es, dem Wunsch des Vaters gemäß das Gymnasium zu absolvieren. Mehr Freude als das Studium der einzelnen Fächer dieser Schule machte mir das der Richterschen Harmonielehre und der Instrumentationslehre von Berlioz, dem ich eifrigst, aber heimlich oblag. Meine erste Komposition war eine Messe, die unter der begeisterten Mitwirkung musikliebender Freunde und Mitschüler zuerst in der kleinen Pfarrkirche in Ebelsberg und später sogar im alten Linzer Dom zur Aufführung kam, worauf ich sehr stolz war.

Nach Absolvierung der Reifeprüfung am Gymnasium in Linz inskribierte ich Jus an der Wiener Universität. Aber auch dieses Studium habe ich ziemlich lustlos betrieben, und meiner Bekanntschaft mit Professor Vinzenz Goller, dem Lehrer an der Musikhochschule für Kirchenmusik in Klosterneuburg, verdanke ich eine gründliche musikalische Ausbildung, die leider durch meine Einziehung zum Kriegsdienst ein vorzeitiges Ende erfuhr.

Nach dem Ersten Weltkrieg als Leutnant der Reserve vor dem Nichts stehend, galt es, meine musikalischen Kenntnisse in klingende Münze zu verwandeln, und so ging ich – wie es im Theaterjargon heißt – ins Engagement als Theaterkapellmeister, womit ich endlich Fuß fassen konnte in einer Welt, nach der ich mich immer gesehnt hatte. St. Pölten, Innsbruck, Wien, Cernauti in Rumänien und Salzburg waren die Stationen dieser Lehr- und Wanderjahre, in denen ich von der Posse bis zur Oper alles dirigierte, was sich mir bot. Einmal bin ich sogar als Schauspieler eingesprungen, wobei ich zu sagen hatte: „Kommt, gehn wir in den Garten, bevor der Kaffee kalt wird“. Mich versprechend aber rief ich: „Kommt, gehn wir ins Cafe, bevor der Garten kalt wird“, was einen derartigen Heiterkeitsausbruch beim Publikum auslöste, dass ich mich nie wieder in diesem Metier versuchte.

Vom Landestheater in Salzburg aus wagte ich dann den Sprung nach Berlin. Das Berlin zu Beginn der zwanziger Jahre war eine herrliche Stadt, in der man – sofern sich Können mit Fleiß verband – viel erreichen konnte. Als Notenkopist habe ich da angefangen, war dann als Leiter musikalischer Sketche im Kabarett bei Robitschek, dirigierte bei Professor Robert am Kurfürstendamm-Theater, bei Reinhardt im Theater am Nollendorfplatz, betätigte mich als Instrumentator und wurde bald ein gesuchter Arrangeur, was mir die Bekanntschaft und Freundschaft von allen Großen des musikalischen Unterhaltungstheaters von Franz Lehar bis Paul Abraham eintrug. So blieb mir kaum Zeit, selbst etwas zu komponieren, doch gelang es mir damals, mit Robert Gilbert als Textdichter, mit dem Lied „Es wird in hundert Jahren wieder so ein Frühling sein“ zu einem großen Erfolg zu kommen, der diesem Evergreen bis heute treu geblieben ist. Mein Ziel aber blieb immer das Theater, und mit meiner ersten Operette, der „Clivia“, bin ich dann zum Durchbruch gekommen.

Sie brachte mir einen rauschenden Erfolg in Berlin im Theater am Nollendorfplatz, eine Serie von über 300 Vorstellungen.

Dieser Operette folgten nach und nach „Die Vielgeleibte“ (Schillertheater Berlin), „Prinzessin Nofretete“ (Opernhaus Köln), „Extrablätter“ (Großes Schauspielhaus Berlin), „Monika“, „Die ungarische Hochzeit“ und „Die Flucht ins Glück“ (Staatstheater Stuttgart), „Manina“ (Admiralspalast Berlin), „Dr. Eisenbart“ – den wir ein Spectaculum nannten, das sich in der musikalischen Form dem näherte, was heute ein Musical genannt wird – und meine letzte Operette „Rhapsodie der Liebe” (Opernhaus Nürnberg). Damit habe ich die wichtigsten meiner 18 musikalischen Stücke genannt, von denen eine Anzahl seit über 30 Jahren auf den Spielplänen der Theater erscheint.

Dazwischen führten mich ausgedehnte Konzertreisen in alle großen Städte des deutschsprachigen Raumes und schrieb ich auch noch die Musik zu einer Reihe von Tonfilmen mit Martha Eggerth, Zarah Leander, Marika Rökk, Johannes Heesters, Heinz Rühmann, Hans Moser und vielen anderen. Dazu kommen noch viele Kompositionen sogenannter gehobener Unterhaltungsmusik. Immer war es mein Bestreben, bei meinen Arbeiten ein Niveau zu halten und nicht in seichte Niederungen abzusinken, was mir auch vor Jahren die Ernennung zum Professor eintrug.

Meine erste „Clivia“ war Lillie Claus, damals noch Koloratursopran der Wiener Staatsoper, die auch noch viele meiner folgenden Operetten aus der Taufe hob. Wir haben dann geheiratet, sie ist mir eine treue Begleiterin auf allen meinen Wegen geblieben und unser Sohn hat die Liebe zur Musik geerbt. Seit vielen Jahren leben wir in unserem Haus in Salzburg am Fuße des Gaisbergs mit weitem Ausblick auf meine geliebten Berge.

Sehr gefreut haben mich auch zahlreiche Auszeichnungen, die ich bekam, wie der „Paul Lincke Ring“, das „Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Kl.“ und „Das große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“.

Aber wenn es mir gelungen ist, mit meinen Melodien Entspannung zu bringen und Freude zu bereiten, so will ich damit zufrieden sein und meine Aufgabe als erfüllt sehen.

Es muß ja tatsächlich eine „Sternstunde“ gewesen sein, als Nico Dostal seine „Clivia“ 1933 herausbrachte und „seine Clivia“ in der Person Lillie Claus fand … denn, wenn ich über Nico Dostal schreibe, dann darf Lillie Claus – seine erste „Sängerin“, seine spätere Ehefrau – keineswegs fehlen.

Eine „Sternstunde“ war es für mich, als ich 1985, zur 90. Wiederkehr des Geburtstages von Nico Dostal, eine Sendung plante und an Lillie Claus-Dostal einen Brief schrieb und sie um eine Begegnung bat. Die „Sternstunde“

    a)  war der Brief vom 16. Juli 1985, der in Faksimile beiliegt

    b)  und dann der Besuch am 30. Juli gleichen Jahres im Salzburger Domizil bei Lillie Claus-Dostal

ein für mich unvergeßlicher Nachmittag, denn für mich ist alles was ich im Zusammenhang mit unserer österreichischen, wienerischen Musik erlebe, erlebt habe und vielleicht noch erleben kann, ein Ereignis.

Lillie Claus-Dostal hat mir Dostals Buch „Ans Ende deiner Träume kommst du nie“, mit einer ganz zauberhaften Widmung versehen, übergeben, zwei noch von Nico Dostal dirigierte Langspielplatten dazu und eine Plauderei, die ich ja nicht wiedergeben kann, mit einem Blick auf die Mozart-Stadt – da muß man ins Schwärmen kommen!

„Wiener Erinnerungen“ ist der Titel eines Walzers, den Nico Dostal komponiert und mit den Berliner Philharmonikern als Dirigent herausbrachte, da war er eben schon der Dostal. Aber als er in Korneuburg geboren wurde, hätt‘ er Staatsbeamter, Jurist werden sollen, doch die Musik ließ ihn nicht los, als er sein Studium an der Musikhochschule für Kirchenmusik in Klosterneuburg begann. 1914 mußte er einrücken, stand nach dem Ende des ersten Weltkrieges völlig mittellos da.

Als Theaterkapellmeister lernte er von der „Pike“ auf sein Metier kennen, was damals grad kein reines Vergnügen zu nennen war. Nach diversen Gastspielen in St.Pölten, Innsbruck, in Wien und Salzburg brach Nico Dostal die „Brücken“ in unsrem Land ab, ging nach Berlin, der aufstrebenden „Kultstadt“ … des Kontinents – dieser Abschnitt seines Lebens hängt mit der Kollo-Familie zusammen.

Nico arrangierte, dirigierte und spielte wo was zu verdienen war. Im Verlag Brüll, als sogenannter Notenkopist tätig, entdeckte er, daß dem Komponisten Walter Kollo -übrigens der Großvater des Tenors René Kollo, in einer Komposition ein Fehler unterlaufen war. Kollo meinte darauf angesprochen: „Tatsächlich, er hat recht, den Kopisten möchte ich kennenlernen, der beim Abschreiben sogar denkt … !

Von dem Augenblick an ging’s mit Nico Dostal „wie g’schmiert !“ Erste Operette „Clivia“-23.12.1933 – „Ich bin verliebt“ ist daraus. Aber seine wirklich erste eigene Nummer ist ja eine Art Volkslied geworden „Es wird in hundert Jahren wieder so ein Frühling sein, genauso schön, mein Schatz wie heut !“ Text von Robert Gilbert.

 Am 5.3.1935 folgte mit der „Vielgeliebten“ der zweite Operettenerfolg und auch hier half die Stimme der Koloratursopranistin Lillie Claus diese Uraufführung zu einem Triumph werden zu lassen. Sie sang „Du nur bist das Glück meines Lebens“ – was sie auch tatsächlich wurde „das Glück im Leben“ Nico Dostals. Seine Frau und Mutter seines Sohnes.

Lillie Claus kam aus einem musikalischen Haus, Trat mit 12 Jahren erstmals auf, war mit 16 an der Musikakademie Wien und Franz Schalk holte sie an die Wiener Staatsoper. Sie war die erste „Lulu“ Alban Bergs, der mit ihr diese Rolle einstudierte und Erich Kleiber dirigierte 1934 die Welturaufführung in Berlin. Lillie Claus sang dann alle Aufführungen ihres Mannes, sie war eben, wie erwähnt, seine „Clivia“, „die Vielgeliebte“, „Prinzessin“.

Text von Emmerich Arleth

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