5″ CD:
V.A.
A Gfrett is auf der Welt
Sozialkritik im Wienerlied
Produktion: Wiener Volksliedwerk
im Auftrag der Arbeiterkammer Wien
Mastering: Florian Widhalm
Texte: Iris Mochar | Susanne Schedtler
Grafik: Lena Appl | Werner Korn
Wenn die beiden Dekane des Wienerliedes, Karl Hodina und Roland Neuwirth, ein Statement abgeben, so hat das Gewicht! „A Gfrett is auf der Welt!”, heißt es im Refrain dieses sozialhistorisch interessanten Liedes, das der vorliegenden CD ihren Titel gibt. Der Wirtschaftsabschwung und die Geldnöte der Wiener Bevölkerung zur Zeit des Industriekapitalismus im 19. Jahrhundert werden beklagt. Dahin scheinen die goldenen Zeiten, so sie es jemals gegeben …
Helmut & Maria Stippich
Wenn die beiden Dekane des Wienerliedes, Karl Hodina und Roland Neuwirth, ein Statement abgeben, so hat das Gewicht! „A Gfrett is auf der Welt!”, heißt es im Refrain dieses sozialhistorisch interessanten Liedes, das der vorliegenden CD ihren Titel gibt. Der Wirtschaftsabschwung und die Geldnöte der Wiener Bevölkerung zur Zeit des Industriekapitalismus im 19. Jahrhundert werden beklagt. Dahin scheinen die goldenen Zeiten, so sie es jemals gegeben …
Die Strottern
Peter Baschinsky
Musik:
Josef Philippi
Ein neckisches Couplet über das Armsein, das Die Strottern in frühen Jahren aus den bekannten Kremser-Alben „Wiener Lieder und Tänze” in ihr Repertoire aufnahmen. Für diese CD haben die beiden Spitzenmusiker ihre sozialen Mitgefühlsbekundungen neu eingespielt. Viele Schlagwörter, die nach Anteilnahme schreien, tummeln sich hier. Stilles Beileid – das richtige Mittel für Mittellose!?
Steinberg und Havlicek
Traditional
Als Glasscherben-Viertel hat man heruntergekommene, verrufene Stadtviertel Wiens bezeichnet, wo eingeschlagene Fensterscheiben mit Holzbrettern vernagelt wurden. Die Glasscherben-Tanz, eines der bekanntesten unterweltlerischen Wienerlieder, erzählt von dem harten, halbseidenen Leben auf diesen Gassen und lässt uns reizvoll in eine zwielichtige Welt eintauchen – lasziv, aggressiv und berührend!
Franz Bilik & seine Brogressivschrammeln
Ein zynischer Genosse mit großem Hang zur Gesellschaftskritik und eine Legende unter Insidern in der Wiener Musikszene ist der 1983 verstorbene Franz Bilik. Die Melodie und die ersten beiden Strophen dieses Liedes hat Franz Bilik von einem Wiener Couplet des jüdischen Volkssängerdichters Alexander Krakauer (1866-1894) übernommen und sie mit eigenen kombiniert. Aus heutiger Sicht werden die Seitenhiebe auf einige seiner Zeitgenossen wohl als ungerecht empfunden …
Roland Neuwirth & Extremschrammeln
Fritz Brügel
Musik:
Samuel Pokrass
Die von Samuel Pokrass komponierte Melodie eines sowjet-russischen Marschliedes der Roten Armee hat Ende der 1920er-Jahre eine Wiener Textur bekommen und fand als antifaschistisches Lied größere Verbreitung. Roland Neuwirth grüßt mit einer wienerischen Schrammelbearbeitung den Geist des Proletariats. Mit Anklang an einen Trauermarsch lässt er mit seinen Extremschrammeln „Die Arbeiter von Wien” als versunkene Welt vorüberziehen. Es war einmal …
Roland Neuwirth & Extremschrammeln
Roland Neuwirth
Die Folgen allzu begeisterten Weinkonsums … ein grünes Marsmännlein marschiert auf, ganz nach Wiener Marschmusikmanier. Enzyklopädisch wird hier die Welt der roten und weißen Rebsorten durchkreuzt, zu denen sich die Wiener insbesondere in Krisensituationen sehr hingezogen fühlen. Mit dem Uhudler wissen sie gar zum Dudeln anzusetzen: „A Dudler fia an Uhudler, mia dudln alles leer”. Zum Drüberstreuen und Delirieren …
Georg Kreisler
Georg Kreisler
Beim schwärzesten aller Humoristen geraten neben den Spießern gerne die Kapitalisten ins Schussfeld. „Hände hoch, ich schieße nicht!”, heißt es da bedrohlich aus dem Munde eines Rebellen. Mit sprachmunitioniertem Revolver zwingt Georg Kreisler die Gesellschaft in die Knie und lässt dort seine Opfer schlottern und zappeln. Die gewaltige Allmacht des Geldes und ihre Folgen …
Roland Neuwirth & Extremschrammeln
Roland Neuwirth
Das Leben – eine melancholische Hochhausmetapher. Das Herz pumpt schwer. Der Atem ist schwer. Das Leben als Sisyphosarbeit. Tja, das Leben ist halt kein Picknick! Ins Reich der glücklichen Zehntausend schaffen ‘s nur diejenigen, die die passenden Voraussetzungen mitbringen, könnte man sarkastisch anmerken. Roland Neuwirth verdeutlicht das mit einer genialen Komposition für Schrammelbesetzung.
Der Himmel auf Erden scheint verloren. Der Schrebergarten muss 21 Stockwerken weichen! Mit zarter Wehmut besingt Karl Hodina diesen Verlust der Kleingartenidylle. Städtische Lebensformen zeigen sich zumeist in Häuserschluchten. Der Schrebergarten ist da wohl eine der raren Möglichkeiten die romantische Sehnsucht des Städters nach Natur und Land zu stillen. Die Urbanisierung schreitet voran …
Georg Kreisler
Georg Kreisler, aus dem Musical “Adam Schaf hat Angst”
Bürgerschreck Georg Kreisler hat ein ordentliches Wörtchen mitzureden, wenn es darum geht, vom Arbeitgeber aufoktroyierte (Un-)Freiheiten zu benörgeln. Autsch – das tut weh! Die Revolutions-Ikone bekommt ordentlich Schrammen ab. Ist der Kapitalismus der Hierarchiespiegel unserer Gesellschaft, in dem Macht und Geld die Freiheit gängeln?
Steinberg und Havlicek
Gast:
Roland Sulzer
Kurt Herbert
unter teilweiser Verwendung eines mündlich überlieferten Altwiener Volksliedes
Es ist eine verflochtene Geschichte, die Steinberg & Havlicek hier in nur zwei Strophen erzählen: 1. Das Kind eines Pflasterers ist am Ersticken, doch der Arzt aus der Stadt bequemt sich nicht zu helfen. 2. Ein Arzt nimmt die Dienste der Pflasterer beim Steinsetzen vor seinem Haus in Anspruch und ist unzufrieden. Schlechte Arbeiten können vertuscht, gröbere (Sozial-)Wunden aber wohl nicht mit einem Schnellverband verarztet werden …
Boris Eder & Fritz Brucker
Hier duftet es nach Walzerseligkeit voll erfrischender Ironie. Mit einem harmonischen Bouquet populärer Melodien führen Hermann Leopoldi und Hans Haller den Krankenkassenpatient durch den Dschungel des Gesundheitswesens: „und wenn ein Bett dann frei ist, was vielleicht erst im nächsten Mai ist, dann lass’ ma Sie von der Kasse dritter Klasse reparieren!” So schlimm steht es um unsere Gesundheit?
Georg Kreisler
Georg Kreisler
Wie bitte? Wer marschiert da? Wohin? Ja, Sie hören richtig! Sie meinen, das ist boshaft? Eine Nestbeschmutzung? Aber nicht doch! Georg Kreisler führt uns hier als politischer Liedermacher doch bloß unbeschönigt in ein „erfolgreiches” österreichisches Lebensmodell ein. Und übrigens: Georg Kreisler war amerikanischer Staatsbürger, nicht Österreicher.
Wolf Bachofner & Bela Koreny
Bronners Blick auf die Wiener Jeunesse dore, die sich in der berühmt-berüchtigten Eden Bar blasiert amüsiert, ist geradezu zum geflügelten Chanson für österreichische Protektions- und Vetternwirtschaft geworden. Das Lied aus den ausgehenden 1950ern lässt eine verantwortungslose Jugend eine Unterhaltung über ihr sozial-moralisches Abdriften führen. Wolf Bachofner, wohlbekannt aus der Krimiserie „Schnell ermittelt”, mimt mit Bela Korenys Unterstützung den frevelhaften Nachwuchs. Böse, aber lässig!
Andreas Okopenko
Musik:
Gerhard Richter
Der Worried Men Skiffle Group sitzt auch heute noch der Schalk im Nacken, wenn sie einen ihrer Protesthits hinlegt und frohgemut am Waschbrett skiffelt. „Mir ist der Staat suspekt, in Wort und Tat suspekt”, möchte man sich den Herren, die seit über 50 Jahren kritisch am Werk sind, anschließen. In Anbetracht gegebener Gesellschaftsschieflagen begegnet einem schon hin und wieder der Wunsch nach ein wenig Umstürzlertum, nicht?
Die Brauers
Pyramidenartig präsentiert sich hier die Familie Brauer: Großvater Arik, Tochter Timna und Enkelin Jasmin – und sie jodeln! Aber es wäre nicht Arik, wenn er der lebhaften Melodie keinen bissigen Text aufgesetzt hätte. In eigener Sache referiert er über die Möglichkeiten, sich als Künstler in Wien durchzuschlagen: „Wadlbeißen, Haxl stellen, außi treten, obi drahn” ist das Motto. Und weiter heißt es: „Hast Du gern ein Hackerl im Kreuz, dann ist Wean die richtige Stadt”. Wir referieren nur und beziehen lieber keine Stellung zu diesem Thema …
Kollegium Kalksburg
Wolfgang Vincenz Wizlsperger
Musik:
Paul Skrepek
Auch wenn Kollegium Kalksburg, die drei wirkungsmächtigen Raufboldgötzen des Wienerliedes, Paarreime mit Wort- und Tonwitz ausschlachtet, Lust und Frust der schwachen Sozialschichten verquickt und Polizei und Bundesheer rasiert: das Überleben der Greißler steht trotzdem im Leberkäse: „gemma schaun, gemma schaun, ob da lewakas scho schimmüd, weu da greißla eam auhimmüd und aus liebe ned vakaufd”.
Tesak & Blazek
Christian Tesak
Musik:
Christian Tesak / Martin Blazek
Mit eisern-frohem Willen entzieht sich das Duo Tesak & Blazek dem Sog der gesellschaftlichen Mieselsucht und Missgunst, die sich in Wien nicht selten breit zu machen pflegt. Der pointenreiche Humor der beiden Musiker ermöglicht es aber spielerisch und mühelos, Unmut und üble Laune hinter sich zu lassen und sich vom Granteln abzusetzen. Danke!
Kollegium Kalksburg
Wolfgang Vincenz Wizlsperger
Der Obdachlose am Rande der Gesellschaft, der Sandler, bewahrt hier trotz Widrigkeiten im Zwiegespräch mit einer „gnädigen Frau” seinen Stolz. Den geizigen Obolus, den die Dame ihm leistet, goutiert er gar nicht: „San’s wo angrennt, ham Sie an Stich in da Marüln […] Sie sierige Schastrommel, Sie!” Und zur Strafe spielt das Kollegium Kalksburg lauthals auf. – Eine (spott)sichere Gewährleistung, beim Elend nicht wegzusehen und aufmerksam hinzuhören.
Trio Lepschi
Stefan Slupetzky
Musik:
Martin Zrost
Jene, die die Zahl der Armen und Schwachen steigen lassen, haben hier einen Namen: Große Gauner! Steuerhinterzug, Betrug, Korruption und schmutzige Bankgeschäfte, in alte Musik und Schüttelreime gewandet, lassen uns mit Zuchthauswünschen spekulieren: „Habt ihr nicht genug von diesen satten Räubern? Wann wollt ihr die Welt von diesen Ratten säubern?” Der überraschende Durklang, die Picardische Terz, widersetzt sich dem mollig schwarzen Gaunerschlund …
Trio Lepschi
Stefan Slupetzky
Musik:
Martin Zrost
Der Refrain lullt uns in eine täuschend echte Kuschelkapsel ein. Wir könnten es uns am Sofa bequem machen, wäre da nicht der wissende Erzähler: „Wüüst du endlich leanen, gean zu lebm, sogt da oide Gandi, lean zu gebm. I sog, nimm die Briada Lehman eanst, oisa schau, dass d bessa nehman leanst.” Nicht nur hinsichtlich sozialer Intelligenz hat das Trio Lepschi den Brüdern Lehman einiges voraus: Während Lehman Brothers infolge von Immobilienspekulationen einen nicht bezwingbaren Schuldenberg hinterlassen hat, fabulieren die drei wohlklingenden Herren Sozialschmerz mit Wienerherz: „unta da Bruckn is jo aa kommod.”