geboren am 09.07.1916 in Wien
gestorben am 05.10.2008 in Höflein / Donau
beerdigt auf dem Friedhof in Höflein an der Donau
1991 Robert Stolz Medaille in Silber von der “Robert-Posch-Vereinigung”
2006 Ehrenplakette zum 90. Geburtstag von der “Robert-Posch-Vereinigung“
Rudi Hofstetter – wer erinnert sich nicht an seine im Radio immer wieder gespielten „Gassenhauer“, wie man die Hits von anno dazumal in jenen Tagen nannte? Schlagerlieder, deren Melodien man in den Ohren behielt, Evergreens, die selbst heute, in dieser lärmenden, oft nur noch dem Rhythmus huldigenden Zeit, gar nicht so selten über die Ätherwellen eilen und uns in Nostalgie versinken lassen: „Wenn einmal in fernen Tagen“, „Am Strande von Havanna“, „Wenn ich auch alles verlier’“, „Weiße Chrysanthemen“, „Nütze den Tag, als wenn’s dein letzter war’“ – vor allem aber sein „Ich möcht’ gern dein Herzklopfen hör’n“ holen bei nicht wenigen von uns die verlorene Jugendzeit wieder an die Oberfläche zurück.
Und Rudi Hofstetter machte kein Hehl daraus, dass ihm das Singen dieser Kompositionen immer großes Vergnügen bereitet hat – denn der gebürtige Wiener war im Herzen jung geblieben.
Dem am 9. Juli 1916 Geborenen wurde das Singen sozusagen in die Wiege gelegt. „Schon im zarten Alter von kaum vier Jahren stellte ich mich in Positur und sang aus voller Kehle jenen ländlichen Song, der mich Knirps damals offenbar besonders beeindruckt hatte: „Wann i z’ruckdenk’ an mei früh’res Leb’m, wia i Tog und Nocht bin bei den Dirndl’n g’legn’“, erinnert sich Rudi Hofstetter mit verschmitztem Lächeln an seine erste Gesangsdarbietung. „Auch wenn ich natürlich nichts davon verstanden habe, was ich da zum Besten gab.“
Seinen Großeltern in der kleinen niederösterreichischen Ortschaft Winzendorf an der Hohen Wand hatte es jedenfalls gut gefallen. Auch wenn damals niemand in Rudis Familie ahnen konnte, dass dies sozusagen der Startschuss für Hofstetters Gesangskarriere werden sollte.
Nach der Matura wusste der junge Mann sofort, was er wollte: Er besuchte die Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien. Dort studierte er jedoch nicht, wie man vielleicht annehmen mochte, Gesang – sondern Violine. „Ich wäre wahrscheinlich ein leidlich guter Geiger geworden“, vermutet Rudi Hofstetter heute, „hätte man mich nicht 1939 zu den Fahnen geholt.“
Aber selbst dort, beim deutschen Militär, blieb Musik sein Leitfaden fürs Leben. „Beim Fliegerhorst in Laupheim, wo ich stationiert war, engagierte man mich kurzerhand als ‘Stehgeiger’ an das dortige Soldatenorchester.“ Leider dauerte dieses Glück nur kurze Zeit – dann versetzte man Hofstetter zur Flak nach Friedrichshafen. As Maturant stand ihm dort der Offizierslehrgang offen, und der Rang eines Leutnants lockte.
„Damals – das weiß ich heute – fällte ich die wohl wichtigste Entscheidung meines Lebens“, erinnert sich Rudi Hofstetter. „Ich entschied mich nämlich gegen eine solche militärische Laufbahn – im Gegensatz zu sechs weiteren Anwärtern. Die nämlich avancierten tatsächlich zu Leutnants, wurden nach Stalingrad abkommandiert und fielen dort an der Front“.
Überhaupt verstand es damals der junge Wiener erfolgreich, instinktiv den richtigen militärischen Weg zu wählen: Zwei eben erst aufgestellte neue Divisionen gaben ihm die Chance, es sich aussuchen zu dürfen, ob er lieber mit der einen in Richtung Russland marschieren würde, oder sich mit der anderen nach Frankreich absetzen konnte. Hofstetter entschied sich für letzteres. „Und das rettete mir wahrscheinlich das Leben“!
Auch seine Liebe zur Musik kam dabei nicht zu kurz. „Ich lernte nämlich auf dem Truppenübungsplatz vier hervorragende Musiker kennen“, erzählt Rudi Hofstetter aus diesen schwierigsten Jahren seines Lebens: Die fünf Kameraden taten sich zusammen und musizierten nunmehr vor den Soldaten. „Wir beherrschten ein buntes, vielfältiges Programm, ich selbst spielte in dem Quintett sowohl Gitarre als auch Geige – und ich erprobte damals erstmals öffentlich meine Stimme“.
Der musikalische Erfolg der Fünf führte zu einem regelrechten Streit beider Divisionskommandeure, weil jeder von ihnen gerne Hofstetters Soldatenband in seiner Truppe gehabt hätte. Die aber hatte sich längst für Frankreich entschieden – und so kam es, dass Rudi Hofstetter und seine vier Kameraden nunmehr zwecks „Wehrbetreuung“ in der Normandie zum Einsatz kamen.
Der Wiener hatte in der Folge ein zweites Mal Göttin Fortuna auf seiner Seite: Nach der alliierten Invasion im Jahre 1944 geriet Hofstetter in die humanere englische Kriegsgefangenschaft (bei den Franzosen gab es da nämlich weniger Entgegenkommen), und dort erkannte man sehr bald das musikalische Talent des Österreichers.
Rudi Hofstetter avancierte in rascher Folge zum Betreuer und musikalischen Leiter der offiziellen Radiosendung für Kriegsgefangene der BBC London. Für ihn bedeutete dies jedoch keine Neuheit. „Bereits vor der Invasion war ich mehrmals Gastsänger in Paris beim Französischen Rundfunk gewesen“, erinnert er sich.
„Dort sang ich Chansons, Schlager sowie Wiener Lieder – und das in deutscher und französischer Sprache.“ Französisch hatte der Wiener (ebenso wie Englisch) in der Mittelschule gelernt.
Seine spätere Tätigkeit bei der BBC führte jedoch leider auch dazu, Rudi Hofstetters Heimkehr nach Österreich, in seine geliebte Wienerstadt, zu verzögern: Er hatte sich bei den englischen Rundfunkleuten unentbehrlich gemacht und musste deshalb bis 1946 in London bleiben.
Dann aber kehrte Hofstetter in die Heimat zurück. „Hier fand ich sogleich Anschluss“, erzählt er mir. Die RAVAG (Vorgängerin des ORF) holte den Künstler mit der einfühlsamen Stimme vor das Mikrophon, und gemeinsam mit dem Kleinen Wiener Rundfunkorchester (geleitet von Charly Gaudriot) sang sich Rudi Hofstetter in die Herzen der Radiohörer.
Seine erste Duettpartnerin war Steffi Melz, 1951 wurden Rudi Hofstetter und Ernie Bieler zum Schlagerpaar und hatten einen Erfolg mit „Ich möchte gern dein Herz klopfen hör`n.“ Es folgten weitere Aufnahmen mit Waltraut Haas, Franz Schier, Gretl Schörg und Leila Negra. Im Januar 1954 gingen sie auf eine große Deutschlandtournee mit dem Austroton Schlagerexpress Wien-Berlin. Ab 1954 gab es ein Rudi Hofstetter-Terzett und er wurde Mitglied bei den Optimisten und Lehmanns Gesangs-Solisten.
Und so galt vor allem in Österreich Rudi Hofstetter bald als Hitinterpret Nr. 1.
Ende der sechziger Jahre zog sich der Sänger aus der Schlagerbranche zurück. Auch sein Juweliergeschäft, das er mit seiner Frau nach dem Krieg in der Engerthstraße in Wien-Brigittenau eröffnet und 20 Jahre erfolgreich geführt hatte, ließ nunmehr seine Rollbalken herunter.
Am 5. Oktober 2008 ging Rudi Hofstätter für immer dahin, aber seine Lieder bleiben und werden uns auch weiterhin noch gelegentlich begleiten.
nach einem Artikel von Peter Krassa im Memory-Magazin Nr. 48, 16. Jahrgang, 1994
Dankenswerterweise von Herrn Prof. Walter Schwanzer zur Verfügung gestellt: