geboren am 25.11.1889 in Wien
gestorben am 28.06.1976 in Innsbruck
beerdigt in einem Ehrengrab auf dem Hernalser Friedhof (Gruppe B, Reihe F, Nummer 23) in Wien
Ein Fest für Ferdinand Sauter – In Wien gedachte man des 1804 in Salzburg geborenen Poeten.
Ferdinand Sauter wurde 1804 als Sohn eines erzbischöflichen Rates und Pflegers in Werfen im Land Salzburg geboren, besuchte einige Klassen des Salzburger Gymnasiums, schlug dann die kaufmännische Laufbahn ein, ging nach Wien, arbeitete in einer Papierhandlung, verlor seinen Posten und führte in der Folge ein kümmerliches Dasein. Sauter hielt sich vornehmlich in den westlichen Vororten von Wien auf, war Stammgast in der „Blauen Flasche“ in Neulerchenfeld.
Mit seinen politischen, volksliedhaften, meist von Schwermut getragenen Gedichten machte er sich als Dichter-Bohemien des Wiener Vormärz einen Namen. Er gehörte zum Kreis um Lenau und Stifter. Durch privates Unglück sank er immer mehr in Verbitterung. 1839 brach er sich den Fuß und seither hinkte er. Sauter erhielt über Vermittlung seiner Freunde einen Büroposten bei der „Niederösterreichischen Assekuranz-Versicherungs-Gesellschaft“. Seine Wohnung hatte Sauter in Hernals, Hauptstraße 63 gefunden. Am 30. Oktober 1854 starb er an der Cholera. Seine Freunde setzten ihm einen Grabstein, dessen Inschrift von ihm selbst verfasst wurde:
„Viel genossen, viel gelitten
und das Glück lag in der Mitten;
viel empfunden, nichts erworben,
froh gelebt und leicht gestorben.
Fragt nicht nach der Zahl der Jahre!
Kein Kalender ist die Bahre,
und der Mensch im Leichentuch
bleibt ein zugeklapptes Buch.
Deshalb, Wandrer, zieh doch weiter,
denn Verwesung stimmt nicht heiter“
Er erlangte als Volksdichter der einfachen Leute in den Wiener Vororten Hernals und Neulerchenfeld eine außergewöhnliche Berühmtheit. Am Hernalser Friedhof ruht er in einem Ehrengrab (Gruppe B, Reihe F, Nummer 23). Auch eine Gasse, im 16. und 17.Bezirk, ist nach ihm benannt.
In ihrem „KULTURaum“ leitete die Volkskundlerin, Journalistin und Buchautorin Dr. Helga-Maria Wolf die Geburtstagsfeiern für Ferdinand Sauter ein. Dr. Hermann Loimer, er ist sozusagen der Spezialist für Fragen zu Sauter, war auch Initiator zum Fest im Haus „Zum roten Löwen“, wo der KULTURaum untergebracht ist. Dieses Haus lässt sich schon um 1540 nachweisen, 200 Jahre nach der ersten urkundlichen Erwähnung des Dorfes Weinhaus. Weinhauser Wein zählte zu den besten des Landes, „Selbst der kaiserliche Hof pflegte hier öfter die Weinlese zu besuchen … Weinhaus hat verhältnismäßig viele hübsche Landhäuser. Seine friedlich stille Lage … zieht immer mehr Bewohner aus der Residenz an.“ heißt es in einem Biedermeier-Reiseführer. Die Gegend bewahrte bis zur Mitte des 19. Jh. ihren dörflichen Charakter und war – wohl wegen des regen Weinausschankes – ein Ausflugsziel und beliebte Sommerfrische der Wiener. Von der Zeit Kaiser Joseph II. bis um 1870 befand sich hier eine Gaststätte, benannt „Zum roten Löwen“. Sie dürfte recht bedeutend gewesen sein, denn die Archivalien berichten von einem Billardspiel und einem Tanzsaal im Hof. In Sauters Todesjahr, also 1854, wird aktenkundig, dass bei diesem Wirt (und bei seinen Mitbewerber) „Halbgläser beanständet“ worden sind. Amtsdeutsch heißt es dazu in einem Protokoll der Gemeinde Weinhaus: „Das Bürgermeisteramt wird ersucht, diese bei dem Polizeikommissariate Weinhaus befindlichen Gläser betr. ihrer Echtheit zu untersuchen und das Resultat mitzuteilen.“
Ob Sauter – ob mit oder ohne „echte“ Gläser – in diesem Haus verkehrt hat, wissen wir nicht. Doch war zu seiner Geburtstagsfeier für guten Wein gesorgt. Das „Ensemble Aufstrich“, ein junges Ensemble mit alter Musik, setzte den musikalischen Auftakt mit den Volksweisen und Tänzen aus Sauters Zeit.
Dann beantwortete Dr. Hermann Loimer die Frage: „Wer war Ferdinand Sauter? Wenn überhaupt, ist der seinerzeit äußerst populäre Schriftsteller heute als Stegreif-Dichter, Wirtshauspoet oder „verkommenes Genie“ bekannt. Eine Wiener Gedenktafel nennt ihn wohl passender den „ersten Vertreter der modernen Lyrik“. Allerdings waren seine Gedichte, so meinten zumindest einige Verleger, von unterschiedlicher Qualität. Neben anspruchsvollen Versen fanden sich viele Reime, die er aus dem Ärmel schüttelte. Bekannt ist z. B.
„Immer lustig lebt der Sauter,
Treu ist sein Gemüt und lauter,
Tausend Hirngespinste baut er,
Und sich selber nicht vertraut er,
Alles was er hat, verhaut er,
Wie ein Vogel Strauß verdaut er,
Wenn oft Selchfleisch ißt mit Kraut er,
Schöne Mädchen gerne schaut er,
Wie ein Kater dann miaut er,
Leider aber schon ergraut er,
Immer mehr und mehr – versaut er“
Als studierter Jurist und erfahrener Archivforscher baut Dr. Hermann Loimer keine Hirngespinste. Seinen Recherchen darf man vertrauen. Er hat an der Universität Wien Rechtswissenschaften studiert, dazu zwei Semester Japanisch, an der University of London Mathematik und an der Universität Debrecen Ungarisch. Mit Sauter hat er schon im Deutschunterricht am Wasagymnasium Bekanntschaft geschlossen. Seit 12 Jahren beschäftigt sich Dr. Loimer intensiv mit der Persönlichkeit, die ihn, wie er sagt, nicht mehr loslässt. Vor zehn Jahren veröffentlichte er seine erste Sauter-Biografie. Die für das Jubiläumsjahr verfasste längere Abhandlung wird nächstes Jahr (wie schon die erste) in den „Mitteilungen der Salzburger Gesellschaft für Landeskunde“ erscheinen.
Ganz Besonderes und auch Seltenes brachte Dr. Eberhard Kummer aus der Sauter-Zeit zu Gehör. Er ist der Pionier des Drehleier-Spielens in Österreich und einer der wenigen Balladensänger Europas. Legendär sind seine Marathonaufführungen des Nibelungenliedes oder der Odysse mit Schoßharfenbegleitung. Neben den Epen gilt sein besonders Interesse der Wiedererweckung von Alt-Wiener Volksliedern Wenn er zu Drehleier und Harfe ihre herrlichen Melodien und originellen Texte singt, versteht Eberhard Kummer Menschen des 21. Jahrhunderts damit in seinen Bann zu ziehen.
Das „Gassenlied“ ist eines von Sauters populärsten. Seinerzeit sollen es sozusagen die Spatzen von den Dächern gepfiffen haben, und es hatte wohl auch mehr Strophen als die 12, die Hermann Loimer zusammengestellt hat. Eberhard Kummer hat es für den aktuellen Anlass rekonstruiert und stilecht mit einer Biedermeierharfe dargeboten.
Im Hauptberuf war der studierte Jurist ein höherer Beamter in Ministerien und an der Musikhochschule in Wien. Dass er den Sängerberuf als Nebenberuf in seiner Freizeit ausüben konnte, verdankt er seiner Doppelbegabung, die zu einer professionellen Ausbildung und Ausübung im Gesangsfach geführt hat. Dazu kommen ein ausgeprägtes historisches Interesse und intensive Beschäftigung mit den geschichtlichen Hintergründen der von ihm interpretierten Musik. Der Künstler gestaltete zahlreiche Radio-, Fernseh-, Video- und CD-Produktionen, war und ist bei vielen Konzerten und Tourneen zu hören.
Erst kürzlich ist Eberhard Kummer von einer Amerikatournee zurückgekommen und hat seine neueste CD präsentiert.
Letzter Programmpunkt war eine Lesung aus Sauters Einakter „Die zusammengefallene Fabrik“ von Prof. Günther Frank, der kürzlich mit dem „Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich“ ausgezeichnet wurde. Er wurde in Wien geboren, studierte hier Malerei und Kunsterziehung an der Akademie für bildende Künste und ließ sich zum Schauspieler und Sänger ausbilden. Er trat mit Karl Farkas im Kabarett Simpl auf und gestaltete Soloabende, u.a. in New York, Rio de Janeiro und Hongkong. Seine Fans in Österreich lieben ihn für seine Sendungen im Radio – Stichwort: „Autofahrer unterwegs“ – und Fernsehen, mit der Serie „Unsere Stadt“ in „Wien heute“.
„Die zusammengefallene Fabrik, ein lustiges Trauerspiel.“ ist das einzige Bühnenstück von Ferdinand Sauter. Es wurde nie aufgeführt. Der Autor schreibt sich darin den Ärger über seine Kündigung von der Seele. Immerhin hatte er 14 Jahre lang – mehr oder weniger treu – in der größten Papierfabrik der Monarchie seinen Dienst versehen. Dr. Hermann Loimer hat das schwer lesbare Manuskript entziffert und hat dann auch das Finale selbst vorgetragen.
Michael Mössmer
Quelle und Fotos: “Österreich Journal“