geboren am 16.10.1893 in Wien-Sechshaus
gestorben am 06.02.1919 in Wien
beerdigt in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 56B, Reihe 9, Nr. 20)
Er wurde am 16. Oktober 1893 im Wiener Vorort Sechshaus geboren undwurde Vergolder. Da er jedoch eine gewaltige Stimme hatte, die vom tiefsten Bass bis zum gefühlvollen Tenor aufsteigen konnte, redeten ihm viele Bekannte zu, diese Gottesgabe doch auszunützen und öffentlich aufzutreten. Er beherzigte diesen Rat, und es dauerte auch gar nicht lange, bis es ihm gelang bei den Volkssängern aufgenommen zu werden.
Wie es dazu kam, erzählt folgende Anekdote:
Als Guschelbauer in seiner Jugendzeit als Vergolder arbeitslos, oder wie man damals sagte „fazierend“ war, versuchte er bei den Volkssängern unterzukommen. Als er sich Carl Kampf, dem damaligen Leiter einer Singspielhalle, antrug, donnerte ihn dieser an: „Was wolln‘s, Sie verrückter Mensch? Volkssänger wolln‘s werdn? Da nehmen‘s doch gleich a Zuckerschnur und hängen’s Ihna auf, da haben‘s wenigstens an süaßen Tod!“
Trotz dieser Aufforderung ließ ihn Kampf vorsingen und nahm ihn daraufhin sofort in seine Gesellschaft auf und Guschelbauer konnte bereits am 1. Dezember 1862 sein Debüt im Saale des Hernalser Brauhauses feiern.
Wie Edmund Guschelbauer zu seinem Lied „Weil i a alter Drahrer bin“ kam und was er aus diesem Lied machte, will ich hier kurz streifen:
Ludwig Pohlhammer, der Schriftsteller und gleichzeitig Sekretär des Strampfer-Theaters war, schrieb 1879 den Text dieses Liedes für Guschelbauer, der zu dieser Zeit im selben Theater auftrat, und bald sollte es von der Pawlatschen herabdröhnen und für beide, Autor und Interpret, zum größten Erfolg werden.
In unserer Erinnerung lebt Guschelbauer als der personifizierte „echte, alte Weana“, und selbst ein Berliner, der Schriftsteller Paul Lindau, war von ihm so beeindruckt, dass er ihn folgendermaßen beschrieb:
„. . . stattlich, breitschulterig, mit einem Kopf wie der römische Kaiser ‚Vespasian‘, mit vorne weit offenen Stehkragen oder in der echten Wienerkluft, mit schmalkrempigem Stößer — das Urbild des echten, alten Wieners.“
Ein anderer Berliner Kritiker, der ansonst allgemein als besonders streng bezeichnet wurde, schrieb in seinen Erinnerungen aus Wien:
„Es ist eine der gelungensten und liebenswürdigsten Singspielereien, die in jenen Jahren in Wien entstanden sind, hübsch im Text und in der Musik, von jener echten, lieblichen Stimmung, von jenem warmherzigen, mit einem leichten Anflug von Sentimentalität, leicht umflorten Frohsinn, der die reizende Art der Wiener Volksgesänge von echtem Schrott und Korn ist. Und wie meisterlich trug Guschelbauer diese Lieder vor.
Diese Leistung überragte klafterhoch alle seine anderen Vorträge und ließ sich mit den Couplets der anderen Volkssänger nicht vergleichen. Er hatte in der Mimik, in der Aussprache, im Gesang wirklich etwas Großartiges, Bedeutendes.
Man wurde unwillkürlich ergriffen, wenn dieser Volkssänger die Worte des Rundreimes sang: „Weil i a alter Drahrer bin“; es lag darin ein merkwürdiges Gemisch von Freude am heiteren Wiener Dasein und zugleich von einer gewissen vorwurfsvollen Selbstanklage wegen des verwünschten — aber ach! — so köstlichen Bummellebens. Durch Guschelbauers Vortrag gewann dieses gemütvolle Wiener Lied neueren Datums etwas wehmütig Rührendes, das jeden Hörer seltsam bestrickte.“
Ich persönlich bilde mir ein, ein echter Wiener zu sein, aber selbst ich als Wiener könnte dieser Kritik eines Berliners nichts hinzufügen.
Guschelbauer machte noch viele Wienerlieder bekannt und volkstümlich, aber er verstand es auch, humoristisch zu wirken. Es gab immer ein „Mordshallo“, wenn er das Lied „I kann net, i kann net, i bin z’schwach auf der Brust“ von L. Roth und C. Lorens in den Saal schmetterte, dass man meinen konnte, die Wände würden einstürzen.
Zu seinen weiteren unzähligen Erfolgsliedern zählten auch „Dort wo der Stefansturm als Spleni Posten steht“ von E. Merkt und CE. W. Drescher, sowie das melodiöse Lied „Mein Liebchen wohnt am Donaustrand“.
Damals gab es noch keine Verwertungsgesellschaft und auch keine Tantiemen; daher war der Urheber ausschließlich auf den Verleger angewiesen, von dem er meist eine einmalige Leistung bei der Annahme des Manuskriptes erhielt, ganz egal, ob dieses Lied nun ein einziges Mal oder hunderte Male aufgeführt wurde.
Alexander Krakauer, der auch das Lied „Mein Liebchen wohnt am Donaustrand“ für Guschelbauer schrieb und damals schon einigermaßen prominent war, hatte es durchgesetzt, dass er von seinem Verleger für jedes neue Lied über sein eigenes Verlangen stets einen Dukaten erhielt.
Guschelbauer erreichte einen neuen Höhepunkt, ja man könnte sogar sagen den Gipfel seines Ruhmes, als er sich mit Luise Montag zu einem Duett vereinigte. Wo die beiden auch auftraten, wurden sie stürmisch gefeiert und bejubelt und lösten eine unerhörte Begeisterung bei den Wienern aus.
Obwohl Guschelbauer auf der Bühne den ewigen „Drahrer“ und damit den wienerischen Leichtsinn darstellte, war er im Privatleben eher ein sorgfältig gekleideter, etwas spießbürgerlicher und wohlhabend aussehender Pedant.
Während bei manchen seiner Berufskollegen das Zuspätkommen zu einer Vorstellung geradezu eine Selbstverständlichkeit war, weil es geniale Unbekümmertheit darstellen sollte, war Guschelbauer die Pünktlichkeit in Person. Bereits eine volle Stunde vor jedem seiner Auftritte saß er vollkommen kostümiert in seiner Garderobe, konzentrierte sich auf die Darbietungen, die er vorbringen wollte und bewies damit, wie ernst und schwer er seinen so leicht scheinenden Beruf nahm.
Er war auch einer der wenigen Volkssänger, dem noch zu Lebzeiten Ehren zuteilwurden. In Würdigung seiner Verdienste um das Wienerlied wurde er Bürger von Wien und starb am 6. Februar 1919 in Wien.
Text von Hans Hauenstein
aus seinem Buch “Chronik des Wienerliedes”