geboren am 22.07.1957 in Wien
HitparadePromo
Ein sonniger Nachmittag in Wien zwischen Ring und Gürtel. Nachdem ich mich durch die Gegensprechanlage angemeldet habe, keuche ich die drei oder vier Stockwerke hinauf. Valerie, die Gattin von Harri Stojka, empfängt mich bei geöffneter Türe und geleitet mich ins Wohnungsinnere. In eine Wohnung, die so viel angenehme Ruhe und Zufriedenheit ausstrahlt, dass man sich sofort wohl fühlt. Hier ist die Welt noch in Ordnung.
Harri erwartet mich im Wohnzimmer. Während wir über einen gemeinsamen Bekannten – Peter Schleicher – ins Gespräch finden, serviert Valerie Tee und Brötchen. Harri zeigt mir auch gleich die LP von Schleicher („Hart auf Hart“), bei der er musikalisch vertreten war und die nach wie vor in seiner Sammlung zu finden ist. Nach ein paar anfänglichen Worten über die neue CD von Harri Stojka „Music for the People“ – für den begnadeten Musiker hat Karl Stojka das Cover gemalt – kommen wir zum Interview. Harri ist ein sehr netter und unkomplizierter Gastgeber, der mir das gesamte Gespräch sehr leicht macht, in dem er locker und gelöst von sich und seiner Musik erzählt.
Am 22.07.1957 in Wien geboren, beginnt er schon im zarten Alter von 6 Jahren Gitarre zu spielen. Freiwillig und mit Hingabe, wie er mir versichert. Sein Vater, selbst Sänger und auch auf Harri’s neuer CD zu hören, ist ihm der beste Lehrmeister. Der noch von den Beatles, und hier insbesondere von George Harrison, beeinflusste Harri, stößt schon mit 13 Jahren – also ca. 1970 – zu den legendären, von Karl Ratzer gegründeten, Gypsy Love. Als Bassist bestreitet er seine ersten Konzerte in der Wiener „Arena“ und in den Sophiensälen. Aber schon kurz darauf stellt er auch seine Fähigkeiten auf der Gitarre bei öffentlichen Auftritten unter Beweis. So konnte er sich bald als Leadgitarrist in Peter Wolf’s „Objective Truth Orchestra“ profilieren. Peter Wolf war schon Harri’s Partner bei „Gipsy Love“ und erlangte später als Zappa-Musiker und Produzent (Jefferson Airplane, Commodores etc.)
Weltruhm.
1973 gründete Harri, nachdem sich das „Objective Truth Orchestra“ aufgelöst hatte, den ersten Harri Stojka Express, eine bodenständig, rockige Formation. Und der stets von Jimi Hendrix beindruckte Harri, gerät mit dem Auftauchen der Gruppe „Chicago“ auch in deren Bann. In dieser Zeit wird er durch seine unzähligen erfolgreichen Auftritte auch zunehmend in der Szene bekannt. Der exzellente Gitarrist wird zum begehrten Studiomusiker und spielt u.a. für Richard Schönherz, Olivia Molin oder den eingangs erwähnten Peter Schleicher. Selbst auf einer Wilfried-Platte sind seine Gitarrenklänge zu hören. Sowohl Erika Pluhar als auch Andre Heller begleitet Harri auf ihren Tourneen.
Ab dem Frühjahr 1977 spielte Harri Stojka für ca. 3 Jahre bei der damaligen „Enfant-terrible-Prä-Punk-Formation“ Novaks Kapelle und gastiert auch beim „Musik-Theater“ der Hallucination Company.
Als sich Harri wieder seiner eigenen ehemaligen Projekte erinnert, verlässt er Novaks Kapelle und läßt den Harri Stojka Express wieder auferstehen. Ab diesem Zeitpunkt beginnt sich Harri endlich selbst zu verwirklichen. Dazu gehört auch ein Konzert mit den Zappa-Musikern Terry Bozzio (dr.), Patrick O‘Hearne (b.) und Peter Wolf (keyb.) in Wien. Kurz darauf (noch 1980) sandte er ein Demoband zur WEA-Austria und erhielt so seinen ersten Plattenvertrag. Die LP „… off the bone“ wurde eingespielt.
Ungefähr an dieser Stelle des Gesprächs erschien Harri Stojka’s 12-jährige Tochter Angie vom Nachmittagsunterricht. Und wieder beeindruckte diese natürliche Harmonie in einer offensichtlich wunderbar intakten Familie. Wie auch Harri selbst im Zuge unserer Plauderei immer wieder erkennen ließ, wie wichtig ihm dieser familiäre Rückhalt sei. Dadurch sei es ihm auch erst möglich, frei und ohne störende Einflüsse nach seinen musikalischen Exzessen, bei denen er sich immer wieder bis zur totalen Erschöpfung ausgibt, zu regenerieren und sich für neues Schaffen aufzutanken.
Wir kommen ins Jahr 1981, in dem der Harri Stojka Express beim Open-Air-Festival im Wiener Stadion als einzige österreichische Gruppe vertreten war. Und das neben Highlights wie Jimmy Cliff, Eric Burdon, Van Morris und Carlos Santana.
Und nun folgte wohl das Schlüsselerlebnis in Harri Stojka’s Karriere: Ein Angebot aus Montreux – sicherlich das Mekka aller Jazzmusiker. Im Rahmen des „Guitar-Summit“ trat Harri neben Larry Coryell, Birelle Lagrene und Harri Pepl vor einem sehr kritisch versierten Fachpublikum auf. Der riesige Erfolg, den er hier verbuchen durfte, wurde noch durch Lob und Anerkennung von Musikerkollegen der Weltklasse unterstrichen. Die dort aufgenommene LP „Live at Montreux“ liefert ein eindrucksvolles Zeugnis dieses Höhepunktes.
Es ist schwer bei Harri Stojka von Vorbildern zu sprechen, da er nie versucht hatte diese nachzuahmen. Für ihn waren sie – wie jetzt in den 80er-Jahren etwa George Benson – eher Anreiz, diesen Perfektionismus in seiner Musik zu erreichen. Dies veranlasste ihn auch 1983 das Harri Stojka Reggae Projekt zu gründen, um einerseits sehr wohl seinen Express als Jazz-Rock- und Jazzband beizubehalten, andererseits aber auch neue Wege zu beschreiten. Nach einer großen Anzahl von überaus erfolgreichen Konzerten dieser 10-köpfigen Band, beschloss Harri, sich wieder voll und ganz seiner großen Liebe, dem Jazz, zu widmen. Und gerade hier lässt sich seine Entwicklung an der Gitarre am deutlichsten erkennen. Der Harri Stojka Express galt damals als die österreichische Jazz-Rock-Formation. Zu dieser Zeit spielte er hauptsächlich auf einer Gibson Les Paul. Als er jedoch 1985 die Gitarre wechselte und auf eine Gibson L5 umstieg, wurde der Express zunehmend jazziger.
1986 führte Harri seine Valerie vor den Traualtar. Im selben Jahr bat ihn Timna Brauer, Songcontest-Teilnehmerin, ein paar Jazz Standards für Fernsehaufnahmen einzuspielen. Daraus entstand eine enge musikalische Freundschaft, die sich in der Folge auch immer wieder in gemeinsamen Konzerten bestätigte.
Ein musikalisches Ereignis der Extraklasse war 1986 eine Session mit Friedrich Gulda. Auch mit dem Trompeter Karl „Bummi“ Fian, einem der bekanntesten österreichischen Jazzavantgardisten (er spielte u.a. auch beim Vienna Art Orchester), gab es eine enge musikalische Verbindung. Die beiden Spitzenmusiker gastierten gemeinsam hauptsächlich bei größeren Jazz-Festivals, wie z.B. 1987 in Wiesen (Österr.), im Juni 1988 in Mörs (Deutschland) oder im Jänner 1989 in Rive de Gier (Frankreich). 1988 entstand eine gemeinsame LP.
Mit der Präsentation seiner neuen CD „Music for the People“ begibt sich Harri Stojka auf Österreich-Tournee. Dazu wünschen wir dem vielseitigen Künstler den ganzen Erfolg, der seinem Enthusiasmus und seiner Perfektion würdig ist.
Robert Wiaderni
nach einem Gespräch mit Harri Stojka
Anfang 1993
Einstieg in die Hitparade |
höchste Platzierung |
Titel |
Wochen in der Hitparade |
10.07.1983 |
21 |
What A Funky Night |
4 |
erstellt aus „Österreichisches Hit-Lexikon“, Verlag Graz, von Wolfgang Wittmann